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Kein neues Rathaus ins Metropol

Unser Redemanuskript in der Diskussion im Stadtrat am 3. Mai 2021 zur Frage, soll das neue Rathaus ins Metropol:

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrter Stadtvorstand, liebe Kolleginnen Kollegen im Stadtrat, liebe Gäste,

zur Frage: Soll das Rathaus ins sog. Metropol auf den Berliner Platz, ergeben sich für unsere Fraktion Grünes Forum und Piraten neben dem Gefühl starker Irritation und Verwunderung – verschiedene Gesichtspunkte:

Zunächst einmal halten wir die Grundsatzentscheidung das Rathaus im südlichen Teil der Innenstadt anzusiedeln zunächst einmal für nicht abwegig. Das haben wir spätestens, nachdem klar war, dass das bisherige Rathauscenter im Hemshof nicht zu retten ist, als erste in den Prozess der Standortsuche eingebracht. Auf unseren Änderungsantrag hin wurde im Beschluss in der Stadtratssitzung am 21. September 2020 nicht nur der bisherige Standort für ein neues Rathaus aufgenommen, sondern die gesamte Innenstadt.

Wir haben von vornherein gesagt, dass ein Rathausneubau am bisherigen Standort sich frühestens ab 2030 realisieren lässt und infolge dessen sich die gegenwärtig prognostizierten Kosten mindestens verdreifachen können. Da haben andere noch dem alten Rathaus nachgetrauert beziehungsweise ein neues Rathaus am alten Standort gefordert.

Aber muss das Rathaus jetzt ins Metropol?

Wir haben – trotz berechtigter, frühstmöglicher und durchgängiger Kritik an diesem BauProjekt – diese uns heute extrem kurzfristig und überraschend vorgelegte Entscheidung nicht leicht gemacht und haben uns in Vorbereitung der heutigen Sitzung mit dem Investor Timon Bauregie, konkret mit Herrn Mertens, darüber eingehend besprochen.

Ein Satz von Herrn Mertens ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben und zwar die Frage: „Wie viel Vertrauen gibt man sich?“

Die Antwort auf diese Frage ist hier das entscheidende Kriterium für die Beurteilung, ob das neue Rathaus ins sog. Metropol soll.

Dieses von Beginn an überambitionierte und bisher durchgängig glückloses Bauvorhaben hat schon so manche kuriose Wendung genommen, angefangen bei einem Architekturwettbewerb hinter verschlossenen Türen, ein Projekt, das immer wieder neu überplant wurde, ein mehrfacher Wechsel der Nutzung und der vermeintlichen Ankermieter, schließlich der Verkauf an einen neuen Geldgeber, bis hin zur Entscheidung des Stadtrates entweder wird jetzt gebaut oder der vorhabenbezogene Bebauungsplanbeschluss wird zurückgezogen. Ich will das alles gar nicht weiter ausführen, ich denke jeder in diesem Saal kennt die Vorgeschichte. → ggf.: Falls nicht, wir stellen gerne eine lückenlose Dokumentation der bisherigen Irrungen und Wirrungen bereit….

Wie viel Vertrauen gibt man sich? Auf unsere Nachfrage am 30. März 2021 hat man uns zur Frage „wie ist der Stand des Metropols?“ geantwortet: Alles läuft, alle Planungen zum Bauantrag liegen vor, die Baustellenpläne liegen vor, eine Bürgschaft ist gestellt, jetzt sei man bei Gesprächen mit den Verkehrsbetrieben. Punktum alles ist in der Zielgeraden. Baustart ist laut Durchführungsvertrag am 8. Mai 2021.

2 Wochen später, am 19. April im Bau- und Grundstücksausschuss, überrascht die Oberbürgermeisterin endgültig mit der Ankündigung, dass man, nach diversen Gesprächen und Gedankenaustausch mit dem Investor Timon Bauregie, das Rathaus im Metropol unterbringen könnte.

Die Verwaltung hatte auch überraschend schnell Berechnungen zur Hand, z.B. dass man mit viel weniger Platz auskommen könnte, als die von den ausgewiesenen Fachleuten Drees & Partner seinerzeit in ihrem Gutachten vom 25.05.20220 genannten 38.000 m². 15.000 Quadratmeter reichen angeblich völlig aus, heißt es nun.

Wie kommt man darauf in so kurzer Zeit? Ich will mich da nicht in diesen Einzelheiten verlieren, aber kann mir jemand erklären, warum ein Investor, bei einem Vorhaben, bei dem die Bagger praktisch schon anrollen – eigentlich schon längst hätten anrollen müssen – bei dem die Finanzierung und die gesamte Planung endlich und diesmal wirklich fix und fertig sein soll, dieses Projekt praktisch in letzter Sekunde noch einmal komplett umplant? Warum tut er das? Und was sagen die „Ankermieter“ dazu?

„Ankermieter“ wird man nicht durch unverbindliche Interessensbekundung. Auch beidseitig noch kündbare etwaige Vorverträge sind schließlich Verträge mit Rechten und Pflichten? Oder ist die Stadt – unsere Stadt – der einzige potentielle Kunde momentan? Falls ja, sollte einem das zusätzlich zu denken geben!: Ist es ein gutes Zeichen im Geschäftsleben, wenn man der einzige Interessent zu sein scheint – obwohl das eigentliche Produkt ansonsten und bei anderen Anbietern eher begehrt ist?

Ein weiteres Argument für ein Rathaus im Metropol soll sein, dass man das gesamte Vorhaben nicht europaweit ausschreiben muss, da es kein Bauauftrag ist, sondern hier geht es um einen einfachen Mietvertrag. Ob das juristisch so haltbar ist, kann ich nicht abschließend beurteilen, mir erscheint das allerdings ein sehr komplexer Ansatzpunkt zu sein, den Gegner nutzen könnten.

Die nächste Frage, die unsere Fraktion Grünes Forum und Piraten in diesem Zusammenhang bewegt ist, wie viel Rathaus bekämen wir denn überhaupt im Metropol? Planen wir da wirklich noch unser Rathaus, einen Verwaltungsbau, der die nächsten mindestens 25 Jahre Bestand haben soll? Wie viel lässt sich da durchsetzen vom konkreten Bedarf, den diese Stadtverwaltung hat? – und eigentlich diesen Bedarf ja gerade erst ermitteln wollte, in einem anspruchsvollen Suchprozess?

Und was sagt eigentlich der Kreis zu der Möglichkeit, Räumlichkeiten in diesem nicht-existenten Bau mieten zu können? Sucht man dort nicht auch einen neuen Ort für die Kreisverwaltung? Und die Idee unter ein gemeinsames Dach zu ziehen, ist ja dann auch dahin und bloß eine Idee gewesen?

Also, immer wieder: Wie viel Vertrauen gibt man sich? Auf die Frage im BGA, wo soll denn der Ratssaal hin, der ist ja schließlich in einem Hotel so nicht vorgesehen? Antwort die Verwaltung: „Na ja man könnte ja vielleicht den Ratssaal in einem Zwischengeschoss zwischen die beiden Hochhäuser planen, das klappt schon irgendwie, da wird man schon was finden…“.

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, wir wollen kein Rathaus, dass sich schon irgendwie finden wird. Wir wollen kein Rathaus, dass juristisch angreifbar ist. Wir wollen auch nicht innerhalb kürzester Zeit auf finanzielle Abenteuerreise geschickt werden, vertraglich gebunden an Investoren, die bisher nur durch das Fehlen von Fortune aufgefallen sind. Wir wollen kein Rathaus, dass irgendwie ins Metropol rein gequetscht wird.

Als Fraktionsvorsitzender einer Fraktion, die grünen Grundwerten, wie Nachhaltigkeit verpflichtet ist, sage ich ganz deutlich:

Wir wollen ein Rathaus, dass klug durchdacht und zukunftsgewandt ist, dass ausreichend für die Belange unserer Stadtverwaltung ist, ein Rathaus mit modernen, gesunden und sicheren Arbeitsplätzen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Stadt und ein Rathaus, dass möglichst die gesamte Verwaltung unter ein Dach bringt. Das ist auch eine Frage der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Stadt.

Unsere Fraktion Grünes Forum und Piraten will in der Frage „Neues Rathaus“ nicht die zweitbeste Lösung oder die drittbeste auf die Schnelle zusammengeschusterte Lösung, sondern die beste Lösung für unsere Stadt. Und dann kann es vielleicht auch ein halbes oder ein Jahr lang länger dauern. Gut Ding will schließlich Weile haben, sagt der Volksmund – mit Recht.

Dass das Rathaus im Metropol bei dem Investor, mit der Vorgeschichte, im Jahre 2024 stehen soll, ganz ernsthaft, das glauben Sie doch selbst nicht!

Zusammenfassend noch mal die Frage: Wie viel Vertrauen gibt man sich? Vertrauen wir dieser Planung, vertrauen wir diesen Luftschlössern, die wir jetzt hier auf dem Tisch zu liegen haben? Nein, unsere Fraktion Forum und Piraten vertraut nicht dieser Planung und auch nicht diesem Investor. Wir können daher Ihrer Vorlage nicht zustimmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.