Planerisch ein Wahnsinn – Armin Winkler im Gespräch mit der Rheinpfalz

Armin Winkler, Mitglied der Grünen und gleichzeitig Mitglied des Ortsbeirats der Südlichen Innenstadt für das Grüne Forum ist heute Gesprächspartner der Ludwigshafener Lokalausgabe der Rheinpfalz zum Thema Radwege.

Hier das Interview: 

„Planerisch ein Wahnsinn“
Ludwigshafen ist am Samstag Treffpunkt einer Sternfahrt zum Weltfahrradtag. Im Fokus: die Strecken für Pendlerradwege. Volker Endres hat darüber mit Organisator Armin Winkler von der Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) gesprochen.

Was ist das Anliegen des Weltfahrradtags?

Die Veranstaltung gibt es seit 2018. Generell geht es weltweit darum, auf das Fahrrad als umweltfreundliches und kostengünstiges Fortbewegungsmittel zu verweisen.

„Kostengünstig“ ist bei den Pedelecs ja ein relativer Begriff…

Das stimmt, aber das betrifft vor allem die Situation in Europa. In vielen ärmeren Ländern der Welt ist das Fahrrad aber das günstige Hauptfortbewegungsmittel für die breite Bevölkerung. Und auch hier in Deutschland gilt, dass das Fahrrad deutlich verkehrsgünstiger ist als das Auto, weil dort die eigentlichen Kosten gar nicht berücksichtigt sind. Die bestehen schließlich nicht nur aus dem Unterhalt und den Tankfüllungen, sondern man muss auch den Wertverlust in Betracht ziehen. Außerdem benötigt das Automobil für seine Infrastruktur eine enorme Fläche. Ich vergleiche das immer mit einem Kühlschrank.

Weil?

Wenn wir uns einen Kühlschrank kaufen, dann stellen wir den ja auch nicht einfach auf der Straße ab. Aber beim Auto betrachten wir es als Selbstverständlichkeit, dass man es einfach so im öffentlichen Raum abstellen kann. Ein Raum, der für Menschen gemacht ist und wesentlich sinnvoller genutzt werden könnte. Auf die Fläche, auf der ein Auto steht, passen zwischen acht und zehn Fahrräder. Hinzukommen die Straßenunterhaltungskosten, die von der Allgemeinheit getragen werden. Das ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern planerisch oft ein Wahnsinn.

Sie sprechen den Flächenverbrauch an. Dafür hat man doch aber zum Beispiel zuletzt in der Heinigstraße den Autoverkehr um eine Spur reduziert und dafür eine Fahrradspur eingerichtet.

Das stimmt. Und die Spur ist auch wirklich breit. Aber sie ist nur auf den ersten Blick eine gute Lösung, denn die Anbindung ist zumindest abenteuerlich. Die Spur wurde lediglich als Reduzierung des Autoverkehrs eingerichtet und ist kein echtes Angebot für Fahrradfahrer, weil die komplette Infrastruktur fehlt. Nach meinem Kenntnisstand ist noch nicht einmal zu 100 Prozent sicher, dass diese Spur dauerhaft bestehen bleibt. Solche Straßen gibt es in Ludwigshafen einige. Etwa die fast autobahnartig ausgebaute Raschigstraße. Der gesamte Autoverkehr würde bequem auf einen Fahrstreifen in jede Richtung passen. Was dort an Fläche für Grünflächen und Radwege verloren ist, ist enorm.

Laut dem letzten ADFC-Fahrradklimaindex belegt Ludwigshafen mit Rang 26 unter 41 vergleichbaren Städten einen Platz im hinteren Mittelfeld. Was bräuchte es für eine nachhaltige Verbesserung?

Ich würde schon sagen, dass man in Ludwigshafen Fahrradfahren kann, wenn man verschiedene Verhaltensweisen an den Tag legt. Man muss sich vor allem viel Umsicht angewöhnen. Tatsächlich hat sich die Situation über die Jahre punktuell verbessert. Was aber fehlt, ist das Konzept für den großen Wurf. Da geht es seit Jahren nicht über Willenserklärungen hinaus. Sobald es an Einschränkungen für Autofahrer geht, machen alle einen Rückzieher. Deshalb sehen wir unsere Aktion am Weltfahrradtag als Signal.

Wie wollen Sie das setzen?

Unser Ziel ist eine fahrradfreundliche Infrastruktur, die zum Radfahren einlädt. Das ist das Ergebnis aus Städten wie Kopenhagen, Amsterdam oder Münster: Die Leute fahren mit dem Fahrrad, wenn das Angebot attraktiv ist. Laut Umweltbundesamt sind übergreifend 50 Prozent aller Autofahrten weniger als fünf Kilometer lang. Das ist eine Strecke, die man optimal mit dem Fahrrad zurücklegen kann. Gleichzeitig sagen 30 Prozent der Autofahrer, bei einer besseren Infrastruktur aufs Rad umsteigen zu wollen .

Für die Pendlerradwege gibt es doch ein Konzept.In Ludwigshafen treffen mehrere Pendlerradwege zusammen. Es gibt übergeordnete Planungen von Darmstadt bis Karlsruhe rechtsrheinisch sowie auf der linken Rheinseite die Route Mainz-Worms-Ludwigshafen und weiter über Schifferstadt und Speyer bis Wörth/Karlsruhe oder einen Ast von Ludwigshafen nach Neustadt/Bad Dürkheim. Am Samstag treffen wir um 11 Uhr im Platanenhain die Teilnehmer der Sternfahrt aus Worms, Speyer, Rheinauen, Neustadt und auch Mannheim/Heidelberg. Mit ihnen fahren wir auf rund zwölf Kilometern die möglichen Routen der Pendlerradwege ab, wollen uns Schlüsselpunkte genauer ansehen. Zum Abschluss wollen wir uns gegen 13 Uhr im Hackgarten treffen und dort mit dem zuständigen Beigeordneten Alexander Thewalt (parteilos) und Vertretern des Landesbetriebes Mobilität ins Gespräch kommen.

Interview: Volker Endres

Quelle: Rheinpfalz, Ludwigshafener Ausgabe, 30.05.2022