Nächstes Level der Finanzmisere

Die Reaktion der ADD auf den vorgelegten Haushaltsentwurf führt dazu, dass der gesamte Haushaltsentwurf überarbeitet werden muss. Dabei soll er laut Kämmerer gerade auf genehmigungsfähigkeit ausgelegt worden sein. Und wieder werden die üblichen Diskussionen um eine Erhöhung der Gewerbesteuer oder Schließung von Bädern und Bibliotheken geführt.

Unsere Fraktion Grünes Forum und Piraten sieht unter Betrachtung der historischen und staatsrechtlichen Zusammenhänge dabei aber nicht nur, wie oft vorgetragen, Land und Bund als die Schuldigen.

Ganz ohne Fehl und Tadel können die leitenden Stellen der Verwaltung und die Verantwortlichen der vergangenen 30 Jahre dann doch nicht sein. Heinz Zell, stellv. Fraktionsvize weist darauf hin, dass bereits im Jahr  1996 ist in der Märzausgabe der „Neuen LU“ vom damaligen Kämmerer zu vernehmen war: Der Patient Stadt befinde sich auf dem Weg der Besserung, aber er sei noch lange nicht gesund. Das Konsolidierungskonzept stehe, nun müsse man an die Umsetzung. „Das Problem ist also sehr lange bekannt. Natürlich auch im Land und im Bund – das steht auch für uns absolut außer Frage. Alle Landesregierungen haben die schwierige Aufgabe ein Flächenland mit sehr wenigen Großstädten und hohem Entwicklungsbedarf in ländlichen Regionen zumindest in der Langzeitbetrachtung zu Ungunsten der Städte zu lösen versucht“, so Zell.

Spätestens mit Einführung der Doppik im Jahr 2009 und den darauf folgenden Jahresabschlüssen war allein mit Grundrechenarten der monoton fallende Weg in die finanzielle Handlungsunfähigkeit als recht wahrscheinliches Szenario zu erkennen.

Beispielhaft auch der vergessene Antrag aus der Dezembersitzung des SR im Jahr 2021. Es wurde vom Stadtrat auf Vorschlag und im Einverständnis mit dem Stadtvorstand eine Konsolidierungsrunde mit VertreterInnen des SR und der Verwaltung beschlossen. Im Hauptausschuss – ein Jahr später und auf Nachfrage unseres stellv. Fraktionsvorsitzenden Heinz Zell – stellte sich heraus, dass dieser Konsolidierungskreis, der insbesondere im großen Bereich der Pflichtaufgaben und der internen Selbstverwaltung nach Effizienzpotenzialen und Einsparmöglichkeiten Ausschau halten sollte, in Vergessenheit geraten sein muss und daher auch nie tagen konnte.

„Der historische Verlauf in Verbindung mit den expliziten, mehrfach wiederholten und drastisch in mahnendem Ton gehaltenen Hinweisen der ADD doch bitte dringend einen Konsolidierungsplan vorzulegen und notwendig den Nachweis maximal möglicher Anstrengungen zu liefern, stellen zu den gerechtfertigten Hilfegesuchen bei höheren Ebenen jedoch ebenfalls früh erkennbar die Gegenbewegung gerade dieser Ebenen dar, von der man seit Jahren Hilfe erhofft. Die tatsächlich viel zu späte Fokussierung der ADD auf den „Dienst nach Vorschrift“ trifft die Stadt nun umso härter, da unsere Verhandlungsposition mit dem jahrelangen Anwachsen insbesondere der Kassenkredite denkbar schlecht ist. So liest sich auch das Schreiben vom 11. November der ADD wie ein strenger Eintrag ins Klassenbuch. Die nach viel zu langer Zeit in Aussicht gestellte Teilentschuldung seitens des Landes ist zudem und ausgerechnet an Bedingungen geknüpft, die unsere Stadt wahrscheinlich nicht erfüllen können wird. Das Jahrzehnte währende Trauerspiel hat das nächste Level erreicht“, so Zell.

Gar nicht zu reden von Großprojekten und tendenziösen Vorlagen für neue Rathäuser, Sanierungen der Eberthalle und sonstigen Luftschlössern die dem Stadtrat vorgelegt wurden. Warum wird jetzt erst der Untergrund unter der City West untersucht und nicht schon vor 10 Jahren? Warum werden mit aller Gewalt Tatsachen beim Rathausabriss geschaffen?

Raik Dreher, Fraktionsvorsitzender: “Die Stadt muss sich jetzt endlich von kostspieligen Projekten verabschieden. Die im Haushalt eingestellten 35 Millionen Euro für eine Rathausplanung könnten so eingespart werden. Es ist jetzt schon klar, dass ein neues Rathaus nur über einen privaten Investor gebaut wird. Dann soll der Investor auch die Planungskosten tragen.

Außerdem fordern wir ein Aussetzen der Planungen für die Hochstraße Nord.

Wir hatten bereits im Juli im Stadtrat einen Plan B für den Fall gefordert, dass die Stadt die Hochstraßenprojekte nicht stemmen kann und wurden dafür heftig abgewatscht. Genauso haben wir eine faire Verteilung der Kosten der Hochstraßenprojekte gefordert, ohne Erfolg. Jetzt sind wir an dem Punkt, an dem die bisherigen Planungen zur Hochstraße Nord nicht fortgeführt werden können, denn 50 Millionen Euro sind dafür im Haushalt 2023 eingeplant. Diese Summe kann sich Ludwigshafen nicht leisten und ohne eine Finanzierung von Bund und Land mit einer Preisgleitklausel muss das Projekt hier zumindest vorläufig beendet werden.

Die vorgeschlagene Bettensteuer funktioniert vielleicht in München, aber nicht in Ludwigshafen. Zudem steht der erforderliche Verwaltungsaufwand wohl in keinem Verhältnis zum Ertrag. Hier sollte erst mit Modellrechnungen auf Tauglichkeit geprüft werden, ob und wie sich das überhaupt rechnet. Für den Haushalt 2023 bringt das jedenfalls nichts – würde aber möglicherweise einen Beitrag zum Nachweis unserer Anstrengungen leisten, was in den Augen der ADD eine der wichtigen und ernsten Forderungen darstellt. Daher stehen wir diesem und anderen Vorschlägen, sofern eine von uns empfohlene Modellrechnung die Sinnhaftigkeit nachweist, erstmal aufgeschlossen gegenüber.

Es braucht kreative Ideen um neben den schmerzhaften Einsparungen auch mehr Einnahmen zu generieren. Was ist denn zB mit der Idee einer City-Maut um alle Menschen, die die Ressourcen und Infrastruktur der Stadt nutzen, an deren Instandhaltung zu beteiligen? Natürlich ausdrücklich auch für die Benutzung der zukünftigen Hochstraße Süd als einem zentralen Bindeglied zwischen Baden und der Südpfalz. LU ist als Stadt ein Verkehrsknotenpunkt mit überregionaler Bedeutung. Aber selbst wenn die City-Maut irgendwann käme – was erstmal beschlossen werden müsste – würde sie auch erst mittelfristig kommen.

Ludwigshafen muss sich zwangsläufig daher jetzt von großspurigen Projekten verabschieden. Anders lässt sich ein halbwegs ausgeglichener Haushalt, wie ihn die AD fordert, nicht realisieren. Ohne Finanzierung der Hochstraßenprojekte durch Bund und Land geht es zurzeit in dieser Stadt nicht.“